1. November 2023, Mittwoch – Manama, Fahrt zurück nach Saudi Arabien

Heute wollten wir ursprünglich eine Mangroventour mit Booten machen und die Formel 1 Strecke in Bahrain besichtigen. Leider hätte man für beides online vorab Termine reservieren müssen und jetzt waren die ersten freien Termine erst ab dem 5. November buchbar. Schade.

Wir haben uns entschieden, dann wenigstens das Nationalmuseum von Bahrain, das gestern zu war, anzuschauen. Aber diesmal sind wir gefahren, nicht gelaufen. 😀

Neben den Museumskarten haben wir auch Karten für eine kleine Schiffart zu Muharraq Fort gekauft. Wir haben im Museumscafé kalte Getränke und Brownies gekauft und danach ging es los mit dem Boot.

Die Fahrt dauert nur ca. 5 Minuten. Muharraq ist die Insel von Bahrain, wo eigentlich die Hauptstadt war, bevor das Öl gefunden wurde und sich alles im Leben von den Bahraini änderte. Vom Fort war leider fast gar nichts übrig, aber er ist der Anfangspunkt einer Walking Tour, die durch das alte Muharraq führt und das die Zeit zeigen soll, in der noch Pearling (Perlentauchen), Fischen und Seehandel die Hauptwirtschaftszweige von Bahrain waren. Die Sehenswürdigkeiten sind zusammen als Unesco Weltkulturerbe registriert.

Leider bekamen wir nur 15 Minuten bei dem Fort und hatten keine Möglichkeit, die Tour abzulaufen. Als wir wieder beim Museum ankamen, haben wir die sehr interessante Ausstellung über das Dilmun Reich und ihre Gräber sowie das alte Leben und Berufe von Bahrein genossen. Das Museum ist interessant und sehr gut aufgebaut. Wir haben viel neues Wissen erworben. Z.B. vom Dilmun Reich haben wir alle noch nie gehört, obwohl es auch eine große Macht gewesen zu sein schien und es im regen Handel mit Mesopotamien stand. Die Darstellung des Leben eines Bahrani vor dem Ölfund war auch sehr schön konzipiert: von Wiege bis zur Bahre wurden alle wesentlichen Stadien des Lebens mit lebensgroßen Figuren dargestellt.

(Koran)Schule:

Die Hochzeit:

Das Gleiche gilt für die alten Berufe.

Perlentauchen:

Das Museumseingang:

Direkt neben dem Nationalmuseum befindet sich das Bahrain Nationaltheater:

Nach dem Museumsbesuch wollten wir Manama und Bahrain verlassen und sind durch den Abendverkehr nochmal durch Manama zur Grenze gefahren. Als ich während der Fahrt mit unseren letzten GBs meine Nachrichten checkte, sah ich eine Frage in der Overlanding Middle East Gruppe, die so lautete:

„Hi. Did anyone from this group arrive in Khobar, Saudi Arabia today? They were travelling in a dark red overlanding truck, dual cab and solar panels on roof. Please kindly PM me. Thanks”. Ich habe gleich zu Marc gesagt: „Ich denke, dass es wie wir klingt.“ Die Nachricht kam von Liam, der Ire ist und mit seiner Familie in Saudi Arabien lebt. Ich habe darauf Liam geantwortet und wir haben für den Abend ein Treffen am Ende der Brücke in Saudi Arabien vereinbart. Leider hat sich der Grenzübergang, nicht wie auf dem Hinweg, ewig hingezogen. Sie haben unsere Registrierung in Saudi Arabien wieder mal nicht gefunden. Aber unsere deutsche Haftpflichtversicherung, die auch für Saudi Arabien gilt, wurde zum Glück akzeptiert.

Die Grenze:

Wir hatten kein Internet mehr (was ich gebraucht hätte, um mit Liam kommunizieren zu können), aber einer der Zollbeamten war so nett, dass er mir sein Wifi gegeben hat. So konnten wir erfahren, dass Liam schon am unserem geplanten Schlafplatz ist und zufällig Daniel und Sara (das Schweizer Paar, das wir noch in Kuwait getroffen hatten) gefunden hat. Er hat gesagt, dass er auf uns wartet. Als wir ankamen, haben wir sie alle auch schnell gefunden. Liam möchte auch einen Overlander Truck kaufen/bauen, deswegen war er an unserem Fritzchen sehr interessiert. Während wir uns mit Liam unterhielten, kamen zwei saudische junge Männer auf uns zu. Sie haben uns willkommen geheißen und für später zu ihrem Abendessen eingeladen. Sie haben dieses gerade vorbereitet, und wenn es fertig sei, würden sie uns abholen. Wir fanden die Einladung sehr nett und haben zugesagt. Als wir allerdings mit Liam fertig waren, war es schon 10:30 Uhr. Und wir mussten noch die Wäsche aufhängen, die noch in unserer „Waschmaschine“ war. Wir haben nicht mehr damit gerechnet, die Männer nochmal zu sehen, aber plötzlich standen sie wieder vor unserer Tür mit einem Teller in der Hand. Sie haben uns traditionell vorbereitete Wachteln und Hähnchen mit Gemüse und frischem Fladenbrot vorbeigebracht.

Wir haben uns für die unglaubliche Warmherzigkeit und Gastfreundschaft bedankt und versprochen, bei ihnen vorbeizukommen, wenn wir mit unseren Aufgaben fertig sind. Wir haben das Essen gegessen, es schmeckte sehr gut. Als wir die Wäsche aufgehängt haben, waren wir sehr müde, aber wir (Marc, Marius und ich, Mira hat sich schon Schlafen gelegt) sind trotzdem mit ein paar Tafeln Schokolade zu den Männern gelaufen. Wir wollten nur 10 Minuten bleiben. Am Ende war es 2:10 Uhr früh, als wir zu Fritzchen zurückgelaufen sind. Die Männer (6) kamen aus verschiedenen Teilen von Saudi Arabien und konnten fast alle Englisch. Sie waren sehr offen und nett. Wir hatten einen sehr interessanten und offenen Austausch über Religion, Leben, Ehe, Kinder und viel mehr. Sie haben von ihrer Kultur und Bräuchen erzählt und wir von unseren. Auf unsere Fragen haben sie erzählt z.B. wie sie ihre Frauen gefunden haben: Zwei von ihnen haben Frauen aus der eigenen Familie geheiratet (Großcousinen), was sehr üblich ist. Wenn man in der Familie niemanden findet, gibt es verschiedene Möglichkeiten jemanden kennenzulernen: der/die Zukünftige wird von Familie oder Freunden vorgeschlagen, man/frau lernt sich bei der Arbeit oder Studium kennen, oder trifft sich zufällig z.B. im Krankenhaus. Man kann sich in der Öffentlichkeit sich treffen und miteinander sprechen. Wenn der Mann denkt, er ist bereit, macht er einen offiziellen Heiratsantrag an die Familie der Frau. Wenn der Mann nicht aus der Familie ist, wird die Familie der Frau Erkundungen unternehmen, um mehr vom Mann zu erfahren. Sie werden mit der Familie, Nachbarn und/oder Kollegen des Mannes sprechen um auszufinden, was der Mann ein guter Mann ist. Danach darf die Frau entscheiden, ob sie den Mann heiraten will oder nicht. Beide Seiten können in dieser Phase noch nein sagen. Wenn aber beide denken, es könnte funktionieren, werden sie offiziell verlobt. Das bedeutet, dass sie offiziell und vor dem Islam schon verheiratet sind, nur die Hochzeitsfeier noch nicht stattfand. Der Mann muss der Frau eine große Summe als Brautgeschenk machen. Dieses Geld darf die Frau behalten, es gehört jetzt ihr. Bis zur Hochzeitsfeier vergehen meistens 3 Monate bis zu einem Jahr. In dieser Zeit können die jungen Leute sich kennenlernen und wenn es nicht funktioniert, sich ohne Weiteres scheiden lassen. Wenn sie zusammenbleiben, wir es eine sehr große Hochzeitsfeier geben. Basierend auf der Religion, sind dann die Männer für die Frauen verantwortlich. (Eigentlich nicht nur für die Ehefrau, sondern auch für alle verwandten Frauen wie Mutter und Schwestern.) Der Mann muss das Geld verdienen und alles besorgen und organisieren. Die Frau ist nur für die Versorgung zu Hause zuständig. Die Frau kann auch arbeiten, wenn sie möchte. Viele von ihnen studieren und sind Ärztinnen, Lehrerinnen oder Ingenieurinnen. Wenn sie arbeiten, gehört das Geld, das sie verdienen, nur ihnen. Sie können (aber nicht müssen!) das Geld mit ihrem Mann und der Familie teilen, aber sie können es auch für sich behalten. Wenn sie nicht arbeiten wollen, dann ist es auch okay, der Mann muss seine Frau und die Kinder versorgen.

Sie haben auch erzählt, dass in den letzten Jahren in Saudi Arabien sich sehr viel verändert hat. Frauen dürfen jetzt fast überall rein, z.B. bei Fußballspielen kauft man eine Karte, da steht die Sitznummer drauf und dann sitzen Männer und Frauen gemischt im Stadion. Bei öffentlichen Gebäuden und Restaurants müssen die Frauen auch nicht mehr in die für Familien abgetrennten Bereiche gehen. Die Trennung ist nur für Religion (Moscheen), Schulen (nur zwischen  9-18 Jahren) und Sportstätten für Frauen (z.B. separate Resorts und Schwimmbäder für Frauen, wo sie sich ausziehen können) geblieben. Sie sagten, die Gesellschaft finde diese moderneren Ansätze gut, es gab kaum Wiederstand. Es sei früher auch so gewesen, vor dem Öl, wo die Familien in der täglichen Arbeit z.B. in der Landwirtschaft alles gemeinsam gemacht haben.

Familie ist auch heute sehr wichtig, auch die Großfamilien treffen sich regelmäßig. Einer der Männer, Mohammad, der Arzt ist, hat erzählt, dass er 6 Schwestern und 3 Brüder hat und die gesamte Großfamilie sich jedem Freitag trifft. Als ich gesagt habe, ich vermisse die Möglichkeit, mich mit saudischen Frauen unterhalten zu können, hat er uns zu diesem Freitagstreffen der Familie eingeladen. Da wir morgen weiterfahren wollten, haben wir uns für die Einladung dankend abgelehnt. Der Abend war sehr sehr schön und interessant.

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