Heute hat unsere 3-tägige Fahrt von Khorugh nach Duschanbe angefangen. Unser erstes Etappenziel war Khalai Khoum, das eigentlich nur 180 km von Khorugh entfernt ist. Aber für diese Strecke haben wir 2 Tage eingeplant, weil wir von anderen Reisenden schon gehört haben, dass die Straße sehr schlecht sei und die letzten 100 Kilometern vor Khalai Khoum nur aus Baustellen besteht. Die gesamte Route führt entlang des Grenzflusses Panj, auf dem anderen Ufer ist Afghanistan. Es gab hier schon ein bisschen Spannungen zwischen Afghanistan und Tadschikistan, da bevor der Taliban wieder den Macht ergriffen haben, ab und zu Schüsse auch die tadschikische Seite trafen. Entsprechend hoch ist die militärische Präsenz neben dem Fluss auf der tadschikischen Seite: alle paar hundert Meter gibt es einfache Schiessscharten aus Stein und immer wieder laufen Patrouillen, bestehend meistens aus 4 Soldaten, am Straßenrand.
Soldaten bauen neue Schiessscharten:
Sonst ist die Landschaft sehr schön und beeindruckend. Der Fluss läuft der ganzen Zeit auf unseren linken Seite. Mal sind wir auf der Ebene des Panj, mal viel höher, wo links von uns erstmal ein Steilhang ist. Rechts sind die Berge mit steilen Felshängen meistens direkt neben der Straße. Auf der anderen Seite in Afghanistan läuft direkt neben dem Fluss auch eine Straße und wir sehen immer wieder Siedlungen mit Gärten, die terassiert hoch auf die Berge gehen. Wir versuchen immer wieder, einen Blick auch auf Menschen zu erhaschen. Ab und zu sehen wir auch Leute, die auf den Feldern arbeiten oder auf der Straße laufen.
Afghanistan:
Auf unserer Seite gibt es auch immer wieder Dörfer mit grünen Gärten:
Typische Häuser:
In den Schulen sind wahrscheinlich Abschlussfeier, wir sehen viele junge Leute in Tracht.
Immer wieder die „ungarische“ Flaggen:
Die Straße ist tatsächlich sehr schlecht, voll mit Schlaglöchern.
Es ist sehr anstrengend zu fahren und das Schütteln macht uns und Fritzchen zu schaffen. Wir entscheiden uns für eine Mittagspause bei einem Restaurant (wovon es nicht wirklich viele auf der Strecke gibt). Das Restaurant ist überraschend groß drinnen, aber wir möchten lieber draußen im schönen Garten mit Rosen und einem kleinen Wasserfall sitzen, wo auch eine kleine Reisegruppe aus Hongkong gerade ihr Mittagessen verzehrt. Mit Hilfe von ihrem lokalen Guide gelingt es uns, einen Tisch draußen zu organisieren und unser Mittagessen zu bestellen.
Nach dem Essen muss Marc erstmal Fritzchen untersuchen. Die furchtbare Piste hat die Schrauben unserer Dachträger (mit dem schweren Ersatzrad darauf) lose gerüttelt und der gesamte Dachträger ist mehrere Zentimeter nach hinten gewandert. Er löste erstmal alle Schrauben, klopfte den Dachträger zurück zu seiner ursprünglichen Position und fixierte ihn wieder. Als er fertig war, merkte ich, dass auch die Spiegelhalterung auf meiner Seite gebrochen ist.
Wir nahmen den Spiegel erstmal ab, vielleicht kann Marc später die gebrochene Halterung irgendwie ersetzen. Hinten in dem Wohnkoffer haben sich auch Kleberhalterungen gelöst und eine unserer Wandtaschen beim Essbereich ist mit gesamtem Inhalt runtergefallen. Außerdem hat sich eine große Küchenschublade irgendwie geöffnet und die Front wurde halb rausgerissen. Wir haben erstmal alles (Schubladeninhalt, Wandtasche mit Inhalt) nach vorne in die Fahrerkabine gebracht und planten, alles am Abend zu reparieren. Ihr sieht, diese schlechten Straßen machen sehr viel kaputt. Marc ist ständig am Reparieren, aber es gibt immer wieder etwas neues, was kaputt geht. Wir haben ein bisschen Sorge um unser Fahrzeug und Zuhause und sehnen uns schon sehr nach guten Straßen mit glattem Asphalt. Aber es hilft nicht, wir müssen hier durch, es gibt keine Alternativstraße. Also fuhren wir weiter auf der Rüttelpiste. Als es langsam Abend wurde, wollten wir gerade an einer geeigneten Stelle anhalten, wo einfach neben der Straße Platz für ein Fahrzeug war. (An den meisten Stellen ist es unmöglich anzuhalten, da direkt neben der Straße links der Fluss und rechts die Felswand ist.) Als wir anhielten, merkten wir aber, dass vor uns eine große Tafel mit den Baustellenöffnungszeiten war. Wir wollten nicht direkt vor einer Baustelle stehen bleiben und morgen früh gleich geblockt werden, und entschieden uns, noch diese erste Baustelle wenigstens hinter uns zu lassen. Wir fuhren bis zum nächsten Dorf weiter und blieben am Dorfende neben Obstbäumen am Straßenrand stehen. Kurze Zeit später kam schon die erste Patrouille. Sie haben uns natürlich gleich angesprochen, aber auch ihr okay für die Übernachtung gegeben. Später hatten wir noch Besuch von 2 Jugendlichen. Sie wollten unbedingt Geld, Coca Cola und/oder Zigaretten von uns haben. Sie waren richtig penetrant und haben nicht aufgehört, uns zu belästigen. (Das war das erste Mal auf unserer Reise, dass wir sowas erlebten. Na ja, sie waren wohl nicht die hellsten.) Am Ende hat Marc ihnen eine Flasche Cola gegeben. Als sie daraufhin immer noch nicht aufhörten, wurde Marc lauter und hat gedroht die Polizei/Soldaten zu holen. Danach zogen die zwei endlich ab. Dann war es endlich ruhig und wir schliefen gut.
Am nächsten Tag hat die Etappe mit den Baustellen so richtig angefangen. Manchmal mussten wir mehr, manchmal weniger warten. Bei einer Engstelle ist das hinterste Rad eines Lkws mit Anhänger neben einer Brücke von der Straße runtergerutscht. Der Anhänger lag auf dem Rahmen und der Lkw kam alleine nicht raus. Ein Lkw, der vor uns war musste vorfahren und den Verunglückten aus der misslichen Lage befreien. Dann durften wir weiter. Nur, um 5 Minuten später vor einer Baustelle angehalten zu werden, die direkt vor dem helfenden Lkw vor uns zugemacht wurde. Es war kurz nach 2 und wir sollten hier bis 6 Uhr abends warten. Sie sprengen hier die Felswände, um die Straße zu erweitern, die hier nur einspurig ist. Nach den Sprengungen müssen die Felsen und das Geröll erst von großen Baggern aufgeräumt werden, bevor der Verkehr (erstmal nur in einer Richtung) wieder rollen kann.
Wir haben während des Wartens Mittagessen vorbereitet und es uns nach dem Essen gemütlich gemacht. Wir räumten aber alles für den Fall auf, dass wir doch früher losfahren dürfen. Zum Glück war es auch so, wir durften um 17:00 Uhr weiter. Wir kamen immer noch sehr langsam voran und irgendwann wurde dunkel. Wir hatten noch ca. 25 km bis Khalai Khoum zu fahren. Wir entschieden uns weiterzufahren, wir wollten nicht noch einen Tag auf dieser Straße zu verbringen. Wir kamen dann auch in Khalai Khoum an. Diese war eine überraschend moderne Kleinstadt mit asphaltierter Straße. Wir fanden uns einen ruhigen Stellplatz mit gutem Blick auf Afghanistan für die Nacht.
Am nächsten Morgen telefonierten wir mit unseren Familien und ich habe mit meinem Vater Flugtickets für ihn nach Georgien gekauft. Er wird uns dort besuchen und 10 Tage mit uns verbringen. Es war schon relativ spät, als wir endlich losfuhren. Kaum waren wir auf der Hauptstraße, kam uns ein Overlander-Fahrzeug entgegen, das wir kannten. Es war René von Womoadventures, dessen Videos auf Youtube wir vor der Reise oft angeschaut haben. Ein paar hundert Meter weiter standen weitere Overlander-Fahrzeuge am Straßenrand bei einer Quelle. Wir hielten an und haben uns mit Christian und Sybille von Benny goes overland (ein weiterer Youtubekanal, den wir öfter angeschaut haben) und weiteren Overlandern unterhalten. Da wir in entgegengesetzte Richtungen unterwegs waren, tauschten wir reichlich Informationen aus. Nach ihrer Abfuhr füllten auch wir unsere Wassertanks, bevor wir in Richtung Duschanbe weiterfuhren.
Es war so unglaublich schön, auf einer Straße mit glatter, intakter Fahrbahn zu fahren, wir waren richtig glücklich.
Hier konnte man nach Afghanistan abbiegen:
So konnten wir die weiterhin wunderschöne Landschaft auch besser genießen. Erstmal fuhren wir am Panj entlang weiter, aber irgendwann bog die Straße vom Fluss ab. Wir hatten einen atemberaubenden Blick aufs Tal und die Berge, bevor wir die Grenzregion zur Afghanistan verlassen haben.
Die Landschaft wurde milder und hügeliger, die großen Berge haben wir uns hinter uns gelassen. Das Land sah sehr fruchtbar aus, mit vielen Feldern und Wiesen.
Ein Klatschmohnfeld:
Wir fuhren auch an einem sehr schönen Stausee vorbei, der uns an norwegische Fjorde erinnerte.
Es war wieder Abend, als wir Dushanbe ankamen. Wir mussten dringend wieder unseren Proviant auffüllen und fuhren zu einer Mall mit einem großen Auchan Supermarkt. Wir haben wieder mal zwei Einkaufswagen mit Lebensmitteln und Getränken befüllt und haben die Mall kurz vor der Schließung verlassen.
Bis wir alles eingeräumt hatten, leerte sich der Parkplatz um uns und wir entschieden uns, für die Nacht hier zu bleiben.
Dein Blog, liebe Melinda, ist wieder hochinteressant! Nach Recherche über den Pamir Highway dachten wir schon, dass diese Fahrt kein Spaziergang werden wird. Wir hatten etwas Bammel und drückten die Daumen, dass Fritzchen durchhält ! Dass die Straßenverhältnisse aber sooo schlimm waren, hat uns jetzt beim Lesen noch nachträglich erschreckt 🥺, und
wir sind sehr glücklich dass ihr außer einigen Blessuren an u. im Fritzchen, welche ihr ja weitgehendst schon wieder in Ordnung bringen konntet, alles gut überstanden habt! Und so wird auch dieser Teil eurer Strecke, der geografisch u. landschaftlich ja sehr interessant u. reizvoll war, euch schon auch in besonderer Erinnerung bleiben.
Weiterhin gute Fahrt und viel Glück 🍀Seid liebevoll umarmt 🫂 von Ellen u. Erich