14.-15.2.2024, Mittwoch – Donnerstag  – Fahrt nach Amritsar, Mrs. Bandhari’s Guesthaus

Als wir nach dem Frühstück unser Ziel in unser Navi eingegeben haben, haben wir gemerkt, dass wir es vergessen haben, noch in Pakistan die Landkarten von Indien auf das Tablet runterzuladen. Da wir noch kein Internet haben, können wir online auch nicht navigieren. Zum Glück funktioniert IOverlander auch offline und wir können sehen, wo der nächste Airtel Laden ist, wo wir eine SIM-Karte kaufen können. Er ist glücklicherweise direkt auf der Haupstraße am Anfang von Amritsar. Das werden wir auch ohne aktive Navigation schaffen!

Wir fahren los und kurz drauf stehen wir vor der ersten Toll-Plaza (Maut-Tor). In Indien muss man für alle sog. Highways und Expressways Maut zahlen. Normalerweise funktioniert es einfach mit einem sog. Fasttag. Dies ist so eine Art Vignette, die auf die Windschutzscheibe geklebt wird und bei jeder Zollstation abgelesen und die entsprechende Summe abgebucht wird. Aber es ist nicht möglich, an der Grenze so einen Fasttag zu kaufen. Mit Kreditkarte konnten wir den Zoll nicht bezahlen. Man kann auch bar bezahlen, aber natürlich nur in indischen Rupis. Aber eine Bank oder Wechselstube gibt es an der Grenze auch nicht. Also wir standen vor der Schranke der Zollstation und hatten weder Fasttag noch indische Rupis. Die Mitarbeiter wollten unbedingt 500 indische Rupis (5,50 Euro) von uns. (Nachher hat sich herausgestellt, dass der richtige Preis 350 Rupis wäre, aber dies ist Indien, hier möchte jeder so viel Geld aus der Tasche der Touristen ziehen, wie möglich.) Also was jetzt? Wir konnten nicht bezahlen, sie wollten uns nicht durchlassen. Am Ende wurde Marc mit einem Moped zum nächsten Dorf gefahren, wo es einen ATM gab. Hier hat ihm der Automat genau 500 INR gegeben, für 150 INR Gebühren. Mehr wollte der ATM gar nicht herausgeben. Toll, oder? So haben wir den Leuten ihre 500 INR gegeben und wir konnten dann weiterfahren. So hat uns das ganze anstatt 350 INR, 650 INR gekostet. Willkommen in Indien!

Das Bild auf und neben der Straße war sehr ähnlich zu Pakistan. Was nicht überraschend ist, vor der Partition (Teilung von Indien in 1947) gehörte diese ganze Region zu Punjab. Muslime, Hindus und Sikh lebten friedlich nebeneinander. Als damals die Teilung entschieden wurde, startete die größte Massenwanderung der Geschichte. Millionen von Muslimen wollten nach Pakistan (der neugegründete muslimische Staat) und umgekehrt, sehr viele Hindus und Sikh, die in den westlichen, hauptsächlich muslimischen Provinzen lebten, wollten nach Indien. Alle Straßen und Züge waren voll mit den Flüchtenden, die Angst hatten, in ihrer Heimat zu bleiben. Es gab große Spannungen und Unsicherheit und die Engländer waren nicht mehr Herr der Lage. Das Ergebnis war das größte Massaker der Geschichte, Hindus und Sikh wurden durch Muslime und Muslime durch Hindus und Sikh getötet. Frauen und Kinder wurden auch nicht verschont. Bei dieser Tragödie starben laut konservativen Schätzungen mehr als 500.000 Menschen.

Jetzt gibt es ein Punjab in Pakistan und ein Punjab in Indien. Das erste ist muslimisch und das zweite ist Sikh/Hindu. Ihre Geschichte und Kultur sind sehr ähnlich, nur ihre Religion ist anders. Das führt auch zu den Unterschieden in der Kleidung. In Indien sehen wir kaum Frauen mit Hijab, dafür viele in Saris. Viele bedecken trotzdem ihren Kopf und oft auch das Gesicht. Wir sehen auch viele Männer im Turban, der Zeichen der Sikh.

Ein Sikh Polizist mit Turban:

Koloniale Architektur bei der Einfahrt:

Wir finden den Laden leicht, er ist nur auf der andere Straßenseite. Wir können uns gleich in der indischen Kunst der Straßenüberquerung über mehrspurige Straßen ohne Zebrastreifen üben. Man muss nur entschieden genug loslaufen, ggf. die Hand, wie ein Stoppschild neben dem Körper in Richtung Autos hochhalten und man schafft es irgendwie auf die andere Seite. Im Laden finden wir eine junge Frau und einen jungen Mann. Er kann Englisch und hilft uns, zwei SIM-Karten mit Datenvolumen zu bekommen. Es ist nicht einfach. Als Erstes braucht man eine indische Person mit einer indischen Handynummer, weil der Registrierungscode nur einer indischen Handynummer zugeschickt werden kann. Das muss man erstmal einsinken lassen. Du kommst als Tourist nach Indien. Du bist neu im Land, kennst keinen und nichts. Du möchtest eine SIM-Karte kaufen, um Internet zu haben. Aber dazu brauchst du eine indische Handynummer. Die du gerade erst kaufen möchtest. Wie bitte?

Zum Glück habe ich einen sehr netten indischen Kollegen Amit, der schon vor unserer Reise angeboten hat,  uns in allem zu helfen, wenn wir in Indien sind. Ich habe ihn kontaktiert und er hat sofort zugestimmt, dass wir seine Handynummer verwenden dürfen. Er war auch sehr erfreut, dass wir es tatsächlich geschafft haben, mit dem Auto nach Indien zu kommen. Ohne seine Hilfe wären wir tatsächlich aufgeschmissen. Danke Amit nochmal für deinen sofortige und bedingungslose Hilfe!

Zu jeder SIM-Karte musste der Mitarbeiter auch noch Marcs Daten erfassen, dann ein Foto machen für die Identifikation. Dann musste er noch telefonisch identifiziert werden. Und schließlich wurde die Registrierung der zweiten Karte doch zurückgewiesen. Also alles von vorne. Das ganze Spaß dauerte ca. 2 Stunden. Aber dann hatten wir 2 SIM-Karten mit jeweils 50 GB Datenvolumen, plus 1,5 GB täglich.

Nach diesem Marathon waren wir froh, dass wir zu unserem Schlafplatz nicht mehr weit fahren mussten. Wir haben uns heute für eine bezahlte Unterkunft entschieden. Mrs. Bandhari‘s Guesthouse ist sogar in Lonely Planet India gelistet und lag mitten in der Stadt nur 1,5 km vom SIM-Shop entfernt.

Als wir ankamen, wurde für uns gleich das große Tor geöffnet und wir durften hinten in den Garten fahren. Es war eine wunderschöne, grüne Oase mitten im indischen Chaos. Im Garten wuchsen Obstbäume und in den Beeten Gemüse.

Ein Mitarbeiter hat uns gleich die Waschräume und den Kühlschrank gezeigt. Das Wichtigste: Im Kühlschrank gab es Bier. Marc hat sich sehr gefreut und sich gleich ein großes Kingfisher gegönnt. Schaut mal die Flasche an, fällt euch was auf? Sie ist ein bisschen groß, oder? Ja, sie hat 650 Milliliter!

Das Guesthouse hat nicht nur einen Garten, aber auch ein paar Büffel in einem Stall:

Das Guesthouse:

Das Guesthouse wurde von Mrs. Bandari gegründet. Sie war eine bekannte Persönlichkeit und wurde mehr als 100 Jahre alt. Sie ist in 2007, im Alter von 101 Jahren gestorben. Heute wird das Guesthouse von einer von ihrer Töchter geführt, die wir auch persönlich getroffen haben. Wir waren nicht wenig überrascht, als sie uns auf perfektem Deutsch grüßte. Sie lebte 7 Jahre in Deutschland und war über 40 Jahre lang Reiseführerin für Studiosis in Pakistan.

Der Garten hatte auch einen Pool, der leider jetzt im Winter leer war. Aber die Schaukel haben unsere 2 Männer ausprobiert:

Den nächsten Tag nach unserer Ankunft haben wir im Garten verbracht und das Guesthouse gar nicht verlassen. Wir mussten unsere Dachhalterung reparieren. Wieso, fragt ihr, sie wurde gerade in Pakistan repariert! Ja, es ist richtig. Aber dadurch, dass in die Regenrinne ein L-Profil reingelegt wurde, hatten die Füße der Dachhalterung keine Halt mehr nach draußen. Offensichtlich haben sich die Schrauben gelockert, und die Füße sind von der Rinne runtergerutscht. Das bedeutete, dass unser schweres Ersatzrad auf einer Seite quasi in der Luft hing und wir die Türen von Mira und mir nicht öffnen konnten. Marc hat das Ersatzrad wieder runterlassen, die Dachhalterung hochdrücken und die Schrauben festziehen müssen. Marius war sein Gehilfe.

Als Nächstes wollten wir den gebrochenen Wasserfilter ausbauen bzw. austauschen. Der Deckel der Filterhalterung ist fest verschraubt und natürlich sind die Wasserleitungen auch damit verbunden. Aber der Platz war so eng, wir kamen an die Schrauben und Muffen nicht ran. Es ging so nicht. Wir konnten den Deckel nicht ausbauen. Wir haben überlegt, wie wir unsere Ersatzfiltergehäuse aus Deutschland nach Indien oder Nepal verschicken könnten. Aber bevor wir das organisieren, wollten wir erstmal morgen in Amritsar schauen, ob wir hier in Indien doch so ein Filtergehäuse bekommen, die wir haben.

Mira und ich haben wir die Zeit genutzt, um alles zu waschen. Wir hatten hier unbegrenzt heißes Wasser und Platz für unsere Wäscheleine.

Während wir gearbeitet haben, lebte der Garten um uns herum. Wir haben ganz viele Gestreifte Palmenhörnchen (für uns nur Streifenhörnchen), grüne Indische Halsbandsittiche (für uns grüner Papagei) und andere Vögel gesehen.

Gestreifte Palmenhörnchen:

Indische Halsbandsittiche:

Andere Vögel:

Zum Abendessen haben wir indische Gerichte vom Guesthouse bestellt. Sie haben für uns auf der Terrasse gedeckt. Aber es war kühl draußen und es gab Moskitos, so wir entschieden uns lieber, in unserem vertrauten Heim zu speisen.

Ein Kommentar

  1. August Sensing

    Hallo Marc und Family,
    sehr interessant, eure Reiseroute und vielfältigen Erlebnisse mitzuverfolgen! Ich hatte mich bislang noch nicht dazu geäußert, tue dies aber jetzt, da ihr vor kurzem Nepal erreicht habt und euch auf dem Weg nach Kathmandu befindet.
    Christoph ist wohl schon mit dir, Marc, in Kontakt wegen weitere Schritte (Besuch im Projektdorf Lurpung und Annapurna-Trekking) und hat deswegen auch schon unseren Partner NirDhoj Lama verständigt. Weitere fachliche Punkte zu unserem Vorhaben von Ingenieure ohne Grenzen in Lurpung werdet ihr sicherlich noch direkt austauschen.
    Ich wünsche weiter eine sichere Tour und bin gespannt auf eure weiteren Berichte!
    Liebe Grüße
    August aus Erlangen

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