15.-16. Mai 2024, Mittwoch-Donnerstag – Kashgar

Das Frühstück in diesem Hotel war ähnlich, wie im Hotel in Tashkurgan, aber hier gab es auch Toast, Marmelade, Instant-Kaffee und Besteck.

Nach dem Frühstück sind wir mit unserem Guide Russel losgelaufen, um die (ehemalige) Altstadt zu entdecken. Und damit meine ich nicht wirklich noch beständige Altstadt. Die chinesische Regierung führte ab 2009 eine umfangreiche Modernisierung der Stadt durch, in deren Verlauf allerdings die mehr als 2000  Jahre alte historische Altstadt und damit das einzigartige Kulturerbe der muslimischen Uiguren fast vollständig zerstört wurde. Kashgar galt schon seit Jahrtausenden als die kulturhistorisch bedeutendste islamische Stadt Zentralasiens und der chinesischen Seidenstraße. Das Projekt, das am 27. Februar 2009 begann, sah die Zerstörung von 85 Prozent der jahrhundertealten Bausubstanz vor. Nur 15 Prozent der alten Häuser sollte im Rahmen eines Freilichtmuseums erhalten werden, um den jährlichen 1,5 Millionen Touristen aus dem In- und Ausland die alte islamische Kultur vor Augen zu führen. Rund 200.000 Menschen wurden in sogenannte erdbebensichere Wohnblocks umgesiedelt. Eine Vielzahl der uigurischen Bewohner der Altstadt sehen in der mangelnden Erdbebensicherheit aber nur einen vorgeschobenen Grund für die Erneuerung und werfen der chinesischen Regierung vor, dass die Erneuerung der Altstadt vor allem sicherheitspolitischen Zielen dienen soll. Die Altstadt mit ihren Basaren, Karawansereien und verwinkelten Gassen ist natürlich nicht so leicht zu überwachen, wie breite, gerade Straßen mit Betonbauten und tausenden von Kameras. Die chinesische Regierung hingegen verspricht, dass eine Vielzahl der historischen Gebäude originalgetreu nachgebildet werden sollen.(Quelle: Wikipedia) Das hier beschriebene wurde auch von Adam und Kristina bestätigt. Sie waren 2009 hier, kurz vor der „Modernisierung“. Ihre Beschreibung und damaligen Bilder zeigten noch eine ganz andere Welt. Ein Welt mit einfachen Lehmhäusern und Männern und Frauen mit traditioneller Kleidung. Die so nicht mehr existiert. Die jetzige „Altstadt“ ist eher eine Kulisse für die chinesischen Touristen geworden, die ihnen das Gefühl geben soll, im Orient von 1001 Nacht zu sein. Alles ist renoviert und hübsch, überall gibt es Geschäfte mit orientalischen Waren. Es ist ein bisschen wie Disneyland, nur Schau. Das alte Kashgar gibt es nicht mehr.

Es gab viele Läden, alle nur für die Touristen:

Viele Teppichgeschäfte:

Handgemachte Seife:

Das nächste ist wirklich interessant. Unser Guide hat uns raten lassen, was diese Holzgegenstände sind. Wir haben gerätselt, Pfeiffen war die gängigste Antwort. Aber weit verfehlt.

Diese Gegenstände sind Katheter für Babys. Ja, ihr habt richtig gehört. Die werden dafür verwendet, dass die schlafenden Babys sich nicht nass machen. Die linke Sorte ist für Mädchen, die rechte für Jungen. Sie werden am Kind an der richtigen Stelle festgebunden und führen das Pipi nach unten in einen Behälter, der unter dem Babybett platziert ist. Man sieht das Konzept auf dem letzten Bild. (In der Mitte des kleinen Bettes ist das Loch mit dem Katheter.)

Das sind traditionelle uigurische Hüte.

Es gibt hunderte von Fotoläden, die „traditionelle Kleider“ ausleihen, um damit vor der historischen Kulisse fotografiert zu werden. Es schein richtig „in“ zu sein, wahrscheinlich fühlen sich die Leute wie Prinz oder Prinzessin aus der Zeit der Karawane, das Geschäft scheint richtig zu boomen.

Die alte Kashgar sieht man nur an wenigen Stellen:

Eine alte Madrasa hat überlebt, aber kann nicht besucht werden.

Hier wird gezeigt, wie der Bereich der Schmiede früher aussah. Es gab auch eine Schauwerkstatt, wo die Männer mit alter Technik arbeiten.

Auf der Straße kann man das traditionelle Handwerk ab und zu noch sehen. Hier ist ein Kupferstecher.

Das Essen ist hier wirklich vielfaltig. Nicht nur chinesische, aber auch uigurische Mahlzeiten sind zu kaufen.

Metzger bereiten das Fleisch auf der Straße frisch vor:

Verschiedene Brot- und Backwaren:

Alle Arten von getrockneten Obst und Nüsse:

Verschiedene Teesorten, oft verfeinert mit Rosenblüten:

Taubensuppe inmitten von Rosenblüten:

Gegrillte Tauben:

Verschiedene Fleischspieße (Schaschlik) wird frisch auf dem Grill zubereitet.

Eier werden roh aufgebrochen, eine besondere Gewürzmischung in das rohe Ei gemischt und ausgetrunken, dies soll insbesondere Männern mehr männliche Kraft geben.

Die alte Kultur der Uiguren wird als Folklore banalisiert:

Eine Erinnerung an die Seidenstraße:

Moderne Kuriositäten haben wir auch gesehen, wie Roboterfahrzeuge für Kinder:

Leih-Powerbank Stationen:

Sehr viele verschiedene Fantasorten, die es bei uns in Europa gar nicht gibt. Marius war natürlich total begeistert.

Nicht nur waren überall Kameras, aber an jeder Ecke stand ein Polizist und die Schulkinder waren immer von Soldaten begleitet.

Aber es war auch lustig:

Nach dem vielen Laufen haben wir uns eine Pause in einem netten Café gegönnt.

Danach sind wir zur Bank of China gelaufen. Diese ist die einzige Bank, wo man Geld wechseln kann. Leigh und ich sind mit unserem Guide reingelaufen. Es dauerte 1 Stunde, bis wir endlich unsere Yuans in unseren Händen halten durften. Wir mussten unzählige Fragen beantworten und Formulare ausfüllen. Es war ein bürokratischer Wahnsinn.

Als wir endlich fertig waren, haben wir noch die 18 m hohe Statue von Mao im People Park angeschaut. Diese ist eine von den höchsten in China.

Wir sind mit dem Taxi zum Hotel zurückgefahren, wo wir ein bisschen mit den anderen gechillt haben.

Danach gingen wir wieder los zum Abendessen in der Food Street

Am nächsten Tag haben wir das Sightseeing fortgesetzt. Auf dem Weg zur Heytgah-Moschee haben wir erstmal ein altes Teehaus besucht.

Als wir bei der Heytgah-Moschee ankamen, waren wir schon neugierig, sie von innen zu sehen. Sie wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Sie ist die größte Moschee Xinjiangs und gilt als eine der einflussreichsten Zentralasiens. Wir haben schon viele Moscheen in vielen muslimischen Ländern gesehen und sie waren oft sehr verschieden. Die Heytgah Moschee war auch ganz anders als alle, die wir bisher gesehen haben. Sie hatte grüne Holzsäulen und war sehr puritan gehalten, ohne jegliche Dekoration. Was auch anders war, es gab keinen Raum für Frauen. Dies führt dazu, dass hier Frauen nicht in der Moschee, sondern nur zu Hause beten dürfen. (Parteimitglieder dürfen auch nicht in der Moschee beten, aber dies ist eine andere Geschichte.)

Nach dem Besuch der Moschee sind wir dann zur „Alt-Altstadt“ gelaufen. Dies sind die 15% der von der ehemaligen Altstadt Kashgars, die nach 2009 mehr oder weniger unberührt übrig gelassen wurden. Sie sah aber auch aus wie ein „Museumsdorf“. Hier wohnt keiner mehr, alles ist auch nur eine tote Kulisse.

Wir waren wieder in der Food Street zum Abendessen. Danach sind wir (Adam, Marc und ich) noch in einen Supermarkt zum Einkaufen gegangen. Es war schon toll dort, es gab alles (bekanntes und unbekanntes) in Hülle und Fülle. Wir wollten nur ein paar Sachen kaufen, aber am Ende kamen wir mit 2 riesengroßen Einkaufstüten raus.

Es war eigentlich geplant, dass wir nur die erste Nacht im Hotel verbringen, und die anderen 2 in Fritzchen. Aber das Hotel hatte, Angst ein Problem mit der Polizei zu bekommen und wir mussten für die 2. und 3. Nacht auch einen Hotelzimmer mieten. Wir mussten zwar dort nicht schlafen, aber es war wichtig für die Registrierung. Die günstigsten Zimmer waren in diesem Gebäude (im selben Gebäudekomplex). Als ich das Gebäude betreten habe, war es wie eine Zeitreise, zurück in den  Sozialismus.

Schrankinhalt im Zimmer. Man ist mit einer Gasmaske und Gummischlappen für alles vorbereitet und bestens ausgerüstet.

Ein Kommentar

  1. Ellen u. Erich

    Ihr Lieben, mit jedem Blog freuen wir uns mehr! Denn dieser Einblick in die Kultur und Lebensart dieser Menschen ist wirklich hochinteressant. Die tollen Fotos hierzu wirklich Klasse!
    Wir sind erstaunt, dass dieser „Transit“ durch das Stückchen China doch so lebendig und abwechslungsreich geworden ist und sind froh, dass alles vielleicht etwas zäh, aber doch gut gelaufen ist. Es war sicher auch schön, mal eine zeitlang mit „Gleichgesinnten“ zu reisen und Erfahrungen auszutauschen.
    Weiterhin alles Gute und Liebe für euch vier, bleibt gesund 🤩
    Ellen und Erich

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