17.-19.2.2024, Samstag-Montag – Fahrt von Amritsar nach Jaipur

Jetzt, nach dem gestrigen Reparatur, haben wir wieder ein intaktes Wassersystem und wir können vor unserer Weiterfahrt wieder normal Wasser tanken. Problem gelöst, wir müssen nichts nach Indien oder Nepal schicken lassen. So eine große Erleichterung!

Jetzt war es Zeit, weiterzufahren. Unser nächstes Ziel ist Jaipur, das 600 km weit entfernt liegt. Wir planten für die Strecke 2 Tage ein, irgendwo auf dem Weg möchten wir übernachten. Aber erstmal fahren wir zu einem Supermarkt, um unsere Essens- und Getränkevorräte aufzufüllen. Mit vollem Kühlschrank fuhren wir dann weiter. Irgendwann merkte Marc, dass unsere Bremsen nicht richtig funktionieren. Er tritt auf das Bremspedal, aber es passierte kaum was. Wir haben gleich angehalten. Als er aussteigen wollte, konnte er aber seine Tür nicht öffnen. Es ist genauso das Gleiche passiert, wie vor paar Tagen in Amritsar, nur diesmal auf der Fahrerseite. Die Füße der Dachhalterung sind von der Regenrinne abgerutscht und blockierten die Tür. So konnten wir auf keinem Fall weiterfahren. Als erstes schob Marc die Füße wieder hoch auf ihren Platz. Zum Glück musste er dazu das Ersatzrad nicht wieder runterlassen, er schaffte es auch so. Danach hat er Holzklötze zwischen die Dachhalterung und den Dach von der Fahrerkabine geschoben, um die Träger auch in der Mitte zu unterstützen. Danach zog er alle Schrauben und damit die Füße der Dachhalterung wieder fest. Während er arbeitete, kam ein junger Inder auf uns zu. Er konnte kein Englisch, bot aber seine Hilfe an. Wir haben uns bei ihm bedankt, aber wir konnten seine Hilfe nicht gebrauchen. Dann kam er wieder und brachte uns etwas. Es sah aus wie ein Stück braune Seife, aber offensichtlich war es zum Essen. Wir fanden die Geste sehr nett. Ich habe es probiert, es war süß und schmeckte wie Honig. Später erfuhren wir, dass es Jaggery war. Jaggery ist traditioneller, unraffinierter Zucker, meist aus Zuckerrohr, der in ganz Süd- und Südostasien verwendet wird. So sah es aus:

Quelle: Amazon.com

Später hat auch ein unmarkierter kleiner Lkw vor uns angehalten, aus dem 2 Männer ausstiegen. Sie kamen zu uns und einer stellte sich als Polizist vor. Er hat auch seinen Ausweis gezeigt und uns gefragt, ob wir Hilfe brauchen. Wir haben seine Frage erstmal verneint. Sie sind trotzdem dageblieben und warteten.

Marc war dann fertig mit der Dachhalterung und kam zu den Bremsen. Hier war er sich nicht sicher, was das Problem ist wir haben uns entschieden, zu einer Werkstatt zu fahren. Wir haben die Polizisten gefragt, wo wir eine Lkw-Werkstatt finden würden. Sie haben uns gesagt, wir sollten ca. 30 km weiterfahren und direkt an der Hauptstraße gebe es dann eine Werkstatt. Wir haben sie auch gefragt, wo wir einen Fasttag kaufen könnten (wir bräuchten es für die Autobahn). Zu unserer Überraschung haben sie uns empfohlen, erstmal keines zu kaufen, die Mautstelle, die in einen paar Km kommen werde, sei sowieso nicht aktiv und wir sollen einfach durchfahren. Okay, wenn sie es sagen…

Es wurde schon langsam dunkel, als wir weitergefahren sind. Wir sind tatsächlich ohne angehalten zu werden, durch die Mautstelle gefahren und haben die Werkstatt auch leicht gefunden. Als wir anhielten, hielt direkt vor uns auch ein roter, indisches Jeep an.

Drei junge Leute stiegen aus, ein Ehepaar und ihr Freund. Es stellte sich heraus, dass sie auch Reisende aus Kerala (Südindien) sind und uns und unser Fahrzeug sehen wollten. Emmanuel und Hannah waren sehr nett und konnten gut Englisch. Als sie unser Problem hörten, haben sie gleich angeboten, uns zu helfen und zwischen uns und den Werkstattleuten zu übersetzen. Sie haben auch erzählt, dass sie zwar alle Hindi sprechen können, aber die Leute aus der Werkstatt es mit Punjabi mischen, was dazu führt, dass sogar sie als Inder nicht immer alles verstehen, was die anderen sagen. Aber immer noch definitiv viel mehr als wir…

Sie haben uns dann geholfen, unser Problem zu erklären. Die Leute aus der Werkstatt haben gesagt, dass wir auf den Bremsspezialist eine halbe Stunde warten müssten. Wir haben gesagt, dass es kein Problem sei. Die Kinder haben angefangen zu kochen und wir haben uns mit Emmanuel und Hannah unterhalten. Wir haben ihnen auch Fritzchen gezeigt und Erlebnisse von unseren Reisen ausgetauscht. Der Bremsspezialist kam am Ende nach mehr als 2 Stunden (das ist Indien!), aber endlich war er da. Er hat dann gleich mit der Fehlersuche begonnen. Er hat herausgefunden, dass unser Bremszylinder locker war. Marc hat ihm von unserer Schraubenkiste eine passende Schraube gegeben, womit er den Bremszylinder befestigt hat. Sie haben danach die Bremse getestet und sie funktionierte wieder einwandfrei.

Marius mit einem der Werkstattmitarbeiter:

Zwischenzeitlich wurde es sehr spät, aber Emmanuel und Hannah blieben bis zum Ende da, um uns zu helfen, obwohl sie an dem Tag noch bis nach Jaipur fahren wollten (600 km!). Sie waren so nett und hilfsbereit, sie haben uns auch zu sich nach Kerala eingeladen. Hannah hat Mira noch ein wunderschönes Paar Ohrringe geschenkt, die sie vor Kurzem auf ihrer Reise gekauft hatte.

Wir möchten Emmanuel und Hannah nochmal hier Danke sagen. Danke für eure Unterstützung und unsere Gespräche! Wenn wir nochmal nach Indien kommen, werden wir euch in Kerala definitiv besuchen!

Als wir uns die Handwerker bezahlt und uns von Emmanuel und Hannah verabschiedet haben, sind wir zu unserem 15 km entfernt liegenden Übernachtungsplatz bei einem Sikh Tempel gefahren. Wir haben heute nur ca. 30 km geschafft, aber wir waren trotzdem sehr müde und sind schnell eingeschlafen.

Erst am nächsten Tag haben wir ein bisschen mehr anschauen können, wo wir die Nacht verbracht haben. Wir standen direkt am Rand des großen Harike-Stausees. Hier laufen zwei von den 5 großen Flüßen von Punjab (5-Fluss-Land) zusammen: der Satluj und der Beas. Beide Flüsse haben ihre Quelle im Himalaya und führen große Wassermengen nach Indien, die mit Kanälen überall verteilt werden. Der Satluj ist mit rund 1450 km auch der Längste der fünf Flüsse des Punjab.

Frühs wurden wir auch Zeuge von einer Sikh Feier. Eine Gruppe von Menschen, angeführt von Musikern und Tänzern, lief zu der Gurudwara (Sikh Tempel).

Bevor wir losgefahren sind, wollte Marc sich nochmal anschauen, was die Automechaniker gestern in der Werkstatt gemacht haben. Er hat schon gestern die ganzen Zeit zugeschaut, was der Bremsspezialist alles gemacht und geprüft hat und viel von unserem Bremssystem und dessen Fehlermöglichkeiten gelernt. Nachdem er den Bremszylinder angeschaut hatte, kam er vollkommen schockiert von unter Fritzchen raus. Er hat festgestellt, dass die Mechaniker zwar gestern eine Schraube festgezogen haben (die Marc ihnen gab!), aber der Bremszylinder normalerweise von 6 Schrauben gehalten werden würde. Von den anderen 5 FEHLTEN weiterhin 3 und 2 waren vollkommen LOSE. Diese eine Schraube hielt zwar für den Moment, aber wenn Marc nichts gemacht hätte, hätten wir unsere Bremse innerhalb von sehr kurzer Zeit komplett verloren!!! Es war unglaublich! Zum Glück habe ich einen tollen Mann, der sich technisch gut auskennt und sich ständig um Fritzchen kümmert. Marc hat die fehlenden Schrauben ersetzt und alle festgezogen. Jetzt war unsere Bremse wirklich repariert.

Als wir bei der ersten Mautstelle ankamen, wollten wir endlich ein Fasttag kaufen. Wir liefen zu dem Zelt am Straßenrand hin, wo 2 Männer die Fasttags verkauften. Einer von ihnen sprach gut Englisch. Als Marc ihnen erklärte, was wir wollten, schien erstmal alles zu laufen. Bis zu der ersten Frage: Indische Registrierung? Nee, haben wir nicht. Unser Fahrzeug ist deutsch. Oh, dann können wir euch keine Fasttag verkaufen. Was??? Aber alle anderen Reisende haben berichtet (auch z.B. Milka), dass sie Fasttag kauften. Wie sollen wir dann die Straßen benutzen? Ohne Fasttag muss man immer die doppelte Summe zahlen, wenn man überhaupt mit Bargeld bezahlen kann. Das wollten wir natürlich nicht. Dann haben die 2 Männer überlegt und kamen zu einer Lösung. Sie haben uns das Fasttag verkauft, es wurde aber auf einen indische Lkw mit ähnlichem Parameter registriert. Wir haben alle Daten von diesem Fahrzeug erhalten, inklusive Nummernschild. Damit können wir immer unser aktuelles Saldo in der Airtel App prüfen.

Wir konnten mit ihrer Hilfe auch Geld auf das Fasttag laden. Das Fasttag funktioniert wie eine Prepaid-Karte, man lädt Geld drauf, bei jeder Durchfahrt bei einer Mautstation wird das Fasttag gescannt und die fällige Summe vom Konto abgezogen. Normalerweise kann man das Fasttag online aufladen, aber es funktioniert nur mit einem indischen Bankkonto oder indischer Kreditkarte. Wir können aber bei jeder Verkaufsstelle (Zelte neben den Mautstationen) bar aufladen. Die Männer haben uns erklärt, dass die Aufladung normalerweise 10% Gebühr kostet. Als wir ihnen die Gesamtsumme zahlen wollten (Aufladung plus Gebühr), haben sie auf ihre Gebühr verzichtet. Wir seien ihr Gast, Welcome to India! Wie toll ist das denn?!

Sie haben uns auch erklärt, dass wenn jemand mehr als 10% Gebühr verlangt, wir es nicht zahlen sollten. Auch wenn bei einer Mautstelle jemand von uns Bargeld will, sollten wir ablehnen, zu zahlen und darauf bestehen, dass unser Fasttag funktioniert. Wir haben uns bei den zwei sehr netten Männern bedankt und sind dann mit dem neuen Fasttag durch die Mautstelle gefahren. Es funktionierte einwandfrei. Als wir dann auf den Straßen von Punjab weiterfuhren, war der Landschaft sehr schön. Auf der Seite der Autobahn wurde Kuhdung zum Trocknen ausgelegt.

Hier werden die Fahrzeuge auch bis zum Äußersten beladen:

Busfahrt:

Die Lkws sind geschmückt, aber bei Weitem nicht so verziert, wie in Pakistan.

Werkstätte am Straßenrand

Wir haben in einer Whatsapp-Gruppe gelesen, dass in Indien zurzeit Bauern gegen die Regierung demonstrieren und ggf. die Straßen blockieren. Indische Leute in den Gruppen haben uns geraten, nur Delhi zu meiden, im Rest der Landes sollte es keine Probleme geben. Erstmal lief auch alles gut. Ab und zu trafen wir auf Straßenblockaden der Polizei oder sahen viele Traktoren am Straßenrand, aber sie haben unsere Fahrt nicht beeinträchtigt.

An einer Stelle wurde dann eine Fahrbahn auf unserer Straßenseite der Autobahn komplett blockiert. Dann unsere Seite komplett, sodass wir auf die andere Seite mussten. Dann standen auch hier plötzlich überall Fahrzeuge und Menschen. Ein handgefertigtes Schild mit Aufschrift Delhi zeigte nach rechts. Wir wollten aber nicht nach Delhi, sondern in die andere Richtung, nach Jaipur. Wir fuhren dann zwischen den vielen Fahrzeugen und Menschen geradeaus weiter. Marc fuhr sehr langsam und vorsichtig, aber wir kamen voran. Alle haben uns natürlich angeschaut und manche gefilmt oder Bilder gemacht. Die Menschen waren sehr freundlich und haben uns Essen, Chai und Wasser angeboten. Es wurde alles immer enger, ich habe nur gehofft, dass wir am anderen Ende rauskommen können.

Aber die Hoffnung war vergebens. Irgendwann mussten wir anhalten. Vor uns standen hunderte von Menschen vor einer großen Betonbarriere mit Stacheldraht oben drauf. Auf der Barriere standen Polizisten mit Helm und Schutzweste. Dahinter waren schwere Polizeifahrzeuge zu sehen. Wir konnten hier definitiv nicht durchfahren. Aber was jetzt? Als die Menschen uns entdeckten, drehten sich plötzlich alle Köpfe in unsere Richtung. Die Menschen lächelten uns an und hunderte Handys filmten und fotografierten uns.

Wir mussten aber hier wenden. Plötzlich war auch ein Fernsehteam mit Kamera und Mikrofon da. Marc wurde interviewt. Er hat der Journalistin erzählt, das in Deutschland die Bauern auch protestieren und wünsche den Protestierenden viel Glück. Dann sind wir langsam zurückgefahren. Am Fahrzeug hingen Menschen. Immer noch waren alle freundlich zu uns, aber ich hatte Sorge, die Stimmung könnte kippen. Wenn wir z.B. jemand oder etwas anfahren. Marc ist ganz vorsichtig und langsam gefahren, er musste Fritzchen oft durch Engstellen, nur wenige cm von anderen Fahrzeugen durchbringen. Ich habe ihn echt bewundert, wie toll er es macht. Irgendwann haben wir wieder das Schild erreicht, das den Weg nach Delhi zeigte und konnten die Demonstration endlich verlassen. Ich war echt erleichtert. Aber das Abenteuer war noch nicht zu Ende. Es gab kein Internet (ob es abgeschaltet war wegen der Demo, wissen wir nicht) und unsere Navigation funktionierte nicht. Das Offline-Navi wollte uns natürlich immer auf die Autobahn zurückführen, die blockiert war. Wir haben auf kleinsten Straßen durch das ländliche Indien unseren Weg zurück zur Autobahn nach der Blockade gesucht und zum Glück auch gefunden.

Wir sind weitergefahren bis zum Express Highway, wo wir die Nacht auf einem Rastplatz verbracht haben. Ausblick aus dem Fenster:

Am nächsten Tag fuhren wir auf dem Express Highway weiter nach Jaipur. Der Express Highway ist im Gegensatz zu dem normalen „Highway“, tatsächlich wie eine Autobahn. Sie hat 2*3 Spuren und sie führt nicht durch Ortschaften.

Der normale „Highway“ ist meistens 2*2 Spuren und getrennte Fahrbahnen, aber dann wird es plötzlich wie eine normale Straße nur 2*1 Spuren, die durch wuselige Städte führt. Aber die Fahrt auf der Express Highway war entspannt und wir kamen bald in Rajasthan an. Kaum kamen wir in Rajasthan an, standen wir an der ersten Mautstelle, wo man von uns Bargeld wollte. Weil unser Fasttag nicht in Ordnung sei. Weil der Fasttag für ein Fahrzeug mit einer sei Achse und wir haben zwei. Was? Das Fasttag ist für ein Einrad? Oder was wollen sie sagen? Es gibt keine Fahrzeuge mit einer Achse, sogar ein Motorrad hat zwei. Wir haben uns geweigert, zu zahlen und irgendwann öffneten sie die Schranke und wir durften durch.

Rajasthan war am Anfang ähnlich wie Punjab.

Mit der Zeit aber wurde die Landschaft weniger grün und von den Straßen verschwanden die Männer mit Turban. (Sikh leben größtenteils in Punjab.) Es war spät Nachmittag, als wir bei Jaipur ankamen. Wir haben einen Übernachtungsplatz außerhalb der Stadt, in der Nähe der Amber Fort ausgesucht. Er lag mitten in der Natur, direkt vor einem alten Friedhof. Wir parkten im Gras vor den Mauern des Friedhofes und genossen die Ruhe.

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