Frühs haben sich Manuel und Ilona verabschiedet (okay, wir standen mindestens eine halbe Stunde in der Einfahrt, weil wir natürlich wieder so viel zu besprechen hatten 😀 ). Sie wollten auch zum Kratersee. Wir haben vereinbart, dass, wir uns wenn es geht versuchen, heute Abend am Kratersee zu treffen. Näheres (wo genau) haben wir nicht besprochen, wir haben gedacht, dass wir uns schon finden werden. Später, als sie Einkaufen waren, kam ihnen noch zusätzlich die Idee, dass sie uns zum Grillabend einladen möchten. Wir haben dankend zugesagt.
Wir haben noch ewig viel Zeit damit verbracht, aufzuräumen, unsere Wäsche wieder einzusammeln, Bettwäsche wieder anziehen und Wasser zu tanken. Als wir losfuhren, war es schon Nachmittag um ca. 2 Uhr. Wir haben auch noch eingekauft. Danach war unser Ziel Ahlat, wo wir den größten historischen (seljukischen) Friedhof der Türkei (gleichzeitig der drittgrößte in der Welt) besuchen wollten. Ahlat war (zusammen mit Belh in Afghanistan und Bukhara in Uzbekistan) eine von den drei wichtigsten wissenschaftlichen Städten und Kunst- Zentrum der islamischen Welt im 13. Jahrhundert. Der Friedhof bedeckt eine Fläche von 210.000 m2 und hat ca. 9.000 Grabsteine, die aus den 12.-16. Jahrhundert stammen.
Man kann zwischen den Grabsteinen, teilweise auf Holzwegen, rumlaufen. Sie sind sehr verschieden, manche größer als 2 m, manche ganz klein. Bei vielen von den großen Grabsteinen kann man bis heute die wunderschönen Verzierungen und Inschriften sehen. Manchmal übersetzen Erklärungstafeln die Texte und erklären, dass der verstorbene z.B. Arzt oder Ringkämpfer war. Zwischen den Grabsteinen haben wir auch mehrere Schildkröten entdeckt, die unser Erlebnis noch abrundeten.
Wir fanden den Friedhof sehr beeindruckend, es war sehr schön, in der Herbstsonne das gesamte Areal erkunden zu können.
Aber jetzt war Zeit, zum Kratersee zu fahren. Der Nemrut Vulkan (nicht zu verwechseln mit dem Nemrut Dagi in der Nähe von Sanliurfa, wo die großen Skulpturen von den Kommagenen waren) ist mehr als 3000 m hoch. Wir haben den Weg schnell gefunden, jetzt mussten wir nur die mehr als 1000 Höhenmeter überwinden. Der Ausblick auf den Van-See und Tatvan war atemberaubend, wir fühlten uns wieder wie Adler. Bis zur Skiliftstation (es war ein Sessellift, im Moment außer Betrieb) führe eine asphaltierte Straße. Danach gab es teilweise eine Schotterstraße, teilweise Kopfsteinpflaster. Als die Straße hinter den Kraterrand bog, hat das Bild, das sich uns öffnete, uns alle sprachlos gemacht. Wir blickten in ein riesigen Vulkankrater mit einem Vulkansee und eine wunderbare Landschaft herunter. Die verstreut sichtbaren Bäume hatten schon ein Herbstkleid an. Es war wirklich magisch, als wir immer mehr in das Innere des Kraters reinfuhren.
Wir hatten nur ein Problem: der Krater war riesig und die Sonne ging bald runter. Und wir wussten nicht, wo Manuel und Ilona parkten. Im Krater gibt es kein Internet, also konnten wir sie weder kontaktieren noch nachschauen, wo genau die einzelnen Parkplätze von IOverlander sich befinden. Wir haben uns entschieden, der Kopfsteinpflasterstraße bis zum See zu folgen (Marc hatte in Erinnerung, dass Manuel zu dem letzten Parkplatz wollte) und wenn wir die zwei sie dort nicht finden, dann fahren wir zurück zum „Schildkrötenplatz“, worüber ich mit Manuel und Ilona gesprochen hatte.
Wir fuhren langsam weiter und näherten uns dem Ende der Kopfsteinstraße bei einem kleineren Nebensee. Als wir den See erblickten, sahen wir sofort den roten Punkt an seinem Ufer. Wir haben uns sehr gefreut, die zwei mit ihrem roten Van gefunden zu haben. Wir parkten neben ihnen und grüßten uns wie alte Freunde.
Als wir die wunderbaren Landschaft bei Sonnenuntergang beobachtet haben, entdeckte ich unten am kleinen See 3 Braunbären: eine Mama mit 2 Bärenjungen. Wir haben schon gehört, dass hier Bären leben und wir haben uns gefreut, sie entdeckt zu haben.
Manuel und Ilona haben schon alles für einen wunderbaren Grillabend vorbereitet: Nudelsalat, gegrilltes Gemüse und noch Köfte und Würstchen zum Grillen. Währen Ilona noch das Gemüse in ihrem Van in der Pfanne gebraten hat, hat Marc unseren Grill angeschmissen, um das Fleisch darauf zu grillen. Es war ziemlich kühl und wir haben noch unsere letzten zwei Flaschen Glühwein von zu Hause ausgepackt, um uns beim Grillen von innen zu wärmen. (Wir hätten sie sowieso nicht in den Iran reinbringen dürfen.)
Die Jungs und Mira haben angefangen, das Fleisch zu grillen. Ich war mit Ilona in ihrem Van und Marius stand in der offenen Tür des Vans, als er plötzlich rief: „Mama, hier ist ein Bär!“. Ich habe erstmal gedacht, er macht nur Scherze, um uns zu erschrecken, aber als ich neben ihm rausschaute, habe ich hinter ihm in ca. 1 m Entfernung tatsächlich einen großgewachsenen Braunbären erblickt. Wir haben ganz schnell die Vantür zugemacht und mit lauten Rufen die anderen bei Fritzchen gewarnt. Kurz darauf lief der Bär weiter und der Mann von der Teebude neben uns kam. Er hat gesagt, dass der Bär uns nichts tun würde und die Abends hier immer vorbeilaufen. Wir sind trotzdem zu Fritzchen hochgelaufen. Die Jungs haben dort ein paar andere Bären gesehen, die aber nicht näher kamen. Wir standen noch alle draußen und die Jungs haben noch das Fleisch und die Würstchen fertiggegrillt, als wieder vier Bären kamen. Diese haben sich ca. 5 m entfernt von uns hingelegt und uns beobachtet. Und wir sie. Es war unglaublich, riesige Braunbären aus solcher Nähe zu sehen, wir konnten uns sowas bisher nicht einmal vorstellen.
Als das Essen fertig war, sind wir reingegangen und haben das köstliche Abendessen gemeinsam genossen. Der Abend war wieder wunderbar. Später sind Manuel und Ilona unversehrt zu ihrem Van zurückgelaufen und wir alle haben eine ruhige Nacht im Krater verbracht.