9.2.2024, Freitag – Lahore

Heute konnten wir leider immer noch nicht zur Werkstatt. Es war Freitag und in Shaikupura war alles geschlossen. Hussain hat versucht, die Werkstatt seines Vertrauens zu erreichen, aber niemand antwortete. Wir wollten nicht noch ein Tag nichts machen, also haben wir ihn gefragt, ob wir heute dann wenigstens Lahore anschauen könnten. Sie ist die historische Hauptstadt des Punjab und heute als Hauptstadt der pakistanischen Provinz Punjab und historisches Kulturzentrum Pakistans der industrielle und kulturelle Mittelpunkt Nordostpakistans.

Hussain hat uns geraten, ein Auto mit Fahrer zu nehmen und mit ihm nach Lahore zu fahren. Wir haben seinen Rat angenommen, weil wir nicht in der 13 Millionen Metropole mit Fritzchen fahren wollten. Der Fahrer sollte um 13:00 Uhr zu uns kommen. Wir haben uns beeilt, rechtzeitig fertig zu sein. Es war 13:00 Uhr. Dann 13:15 Uhr. Keiner da. Ich habe Hussain informiert. Er hat danach den Fahrer kontaktiert, er sei schon unterwegs zu uns. 13:30 Uhr nichts. 13:45 Uhr immer noch nichts. Aber soll schon in der Nähe sein. Kurz nach 14:00 Uhr war er auch da. Es ist Pakistan, hier läuft die Zeit anders als in Deutschland. Wenn man bisher nicht geduldig war, wird man es hier lernen. Oder spätestens in Indien.

Unser Taxi:

Also sind endlich wir losgefahren. Unser Fahrer konnte leider kein Englisch, aber mit Google Translate konnten wir uns trotzdem ganz gut mit ihm unterhalten.

Lahores Geschichte geht mindestens 2000 Jahre zurück, wobei einige Historiker auch von Daten sprechen, die bis zu 4000 Jahre zurückgehen. Seit dem 11. Jahrhundert ist Lahore eines der geistlichen Zentren des Islam auf dem indischen Subkontinent; die Stadt war zwischen 1585 und 1598 die Hauptstadt des Mogulreiches. Bis zur Fertigstellung der Hauptstadt Shahjahanabad (heute Old Delhi) durch Kaiser Shah Jahan blieb Lahore neben Agra, Delhi und Ajmer eine der mogulischen Hauptstädte, in der die Kaiser regelmäßig residierten. Die Lahore Fort ist eines der Gebäudekomplexe, die die Pracht der Mogulzeit bis heute bezeugen. Wir haben unseren Fahrer gebeten, als Erstes uns hier hinzufahren. Er hat in einer kleinen Seitenstraße geparkt und uns die Richtung zum Eingang gezeigt. Um zu der Festung zu kommen, mussten wir erstmal durch einen Park laufen. Er war voll mit Menschen, die ihren freien Tag genossen. Es gab kleine Restaurants und Fahrgeschäfte für Kinder.

Noch eine Raketenstation?

Man hätte auch mit einer schicken Pferdekutsche rumfahren können.

Ein Sikh Tempel (Gurdwara):

Wir haben den Eingang zu der Festung schnell gefunden. Hier mussten wir Eintrittskarten kaufen. Pakistani: 50 Rupi, Ausländer 500 Rupi. Aber das ist hier komplett normal. Für uns ist es auch in Ordnung, 500 Rupi sind nur 1,7 EUR. In der Festung sind 21 Gebäude und Höfe. Wir haben einige davon angeschaut. Obwohl die Lahore Fort ein Unesco Weltkulturerbe ist, ist das gesamte Areal in keinem guten Zustand. Bei uns in Europa versteht man Denkmalschutz ein bisschen anders. Trotz teilweise desolatem Zustand konnte man die ursprüngliche Schönheit und Eleganz der Gebäude noch sehen.

Als wir durch den Parkanlagen langsam zurück zum Eingang gelaufen sind, wurden wir plötzlich angehalten. Gleichzeitig haben junge Frauen Mira und mich und junge Männer Marius und Marc angesprochen, ob sie mit uns ein Bild machen dürfen. Wir haben ja gesagt und uns danach noch kurz unterhalten. Danach liefen wir weiter. Oder besser gesagt, wollten wir weiterlaufen. Nach ein paar Schritten haben uns die nächsten Leute angesprochen. Und danach die nächsten. Alle waren freundlich und höflich, und wir wollten nicht nein sagen. Wir fühlten uns wie VIPs.

Zum Glück konnten wir aber irgendwann weiter. Wir wollten zu der Badshani Moschee, der direkt unterhalb der Festung liegt. Die Moschee ist ein wirklich schönes Beispiel der Architektur aus der Mogulzeit. Es ist kein Zufall, dass es an das Taj Mahal erinnert, sie stammen aus der gleichen Epoche.

Wir mussten unsere Schuhe schon beim Eingang zum Hof ausziehen. Sie wurden in Plastikkörben aufbewahrt und wir haben ein Nummer bekommen. Auf Hijab oder sonstige Kleidervorschriften wurde hier nicht geachtet. Wir standen direkt vor der Gebetshalle, als der Muezzin angefangen hat, zum Gebet zu rufen.

Das war für uns ein Zeichen, dass wir weitergehen sollten.

Wir haben das Areal durch ein anderes Tor verlassen, als wodurch wir reingekommen sind und landeten in der Food Street, wo viele schöne alte Häuser standen.

Unser Fahrer wartete auf uns dort, wo wir ihn gelassen haben. Als Nächstes wollten wir die Wazil Khan Moschee anschauen. Diese Lag in der Mitte der Altstadt. Diese Straßen hätten wir mit Fritzchen überhaupt nicht befahren können. Sogar mit dem Auto war es sehr eng. Der Fahrer hat uns durch kleinste Gassen bis zu 400 m Entfernung von der Moschee hingefahren. Er hat uns auch einen lokalen Mann organisiert, der uns durch den noch kleineren Gassen zwischen den Häusern zur Moschee führte. Die Gassen war sehr eng und verwinkelt, an manchen Ecken lagen Müllberge. Im Untergeschoss der Häuser saßen oft Männer vor Nähmaschinen auf dem Boden und arbeiteten. Wir hätten unseren Weg durch dieses Labyrinth alleine wahrscheinlich nie gefunden.

Die Mosche war klein und farbig. Leider wurde diese gerade renoviert und ihr Zustand war ähnlich wie der der Festung. Die Bilder im Internet sahen natürlich ganz anders aus… Sie war trotzdem schön.

Von draußen:

Drinnen:

Nach einem kurzen Besuch haben wir das Treiben im Bazar beobachtet und dann uns getraut, den Rückweg alleine anzutreten.

Marius hat uns auf demselben Weg zurück zum Auto geführt.

Unser Fahrer war froh, dass wir wieder heil bei ihm waren und hat uns mit großem Fahrkönnen aus der Altstadt heraus manövriert. Es war schon Abend und der Verkehr war richtig dicht. Wir hatten Hunger und wir haben den Fahrer gebeten, uns zu Kentucky Fried Chicken (KFC) auf der Mall Road zu fahren. Der Laden war groß und sehr ordentlich, das Personal sehr zuvorkommend. Das Crispy Chicken und die Burger waren auch hervorragend.

Unser nächster Stopp war eine Western Union Filiale, um Geld zu wechseln. Von dort aus sind wir zu unserem letzten Ziel heute, zur Fortress Stadium Mall gefahren. Wir wollten uns eine neue elektrische Zahnbürste kaufen, weil das Ladegerät der alten kaputtgegangen ist und wir unsere Zahnbürste nicht mehr aufladen können. Vor der Mall war ein Checkpoint. Das ist hier nicht ungewöhnlich. Es gibt viele Checkpoints und sehr viele Männer (Wächter, Polizisten oder Soldaten) mit Waffen. Die Pakistanis durften einfach weiterfahren, aber als unser Fahrer gesagt hat, dass er Ausländer am Bord hat, mussten wir sofort zur Seite fahren. Ein Soldat wollte unsere Pässe und Visa sehen. Im Hintergrund haben wir die Rufe „Foreigner, Foreigner“ gehört, als die Soldaten mit Funk/Telefon gleich andere informierten. Wir haben dem Soldat unsere Pässe gegeben, aber wir hatten unsere Visa (ausgedruckt) nicht dabei. Wir haben nicht im Leben daran gedacht, dass wir sie mitten im Land auch brauchen könnten. Vor Allem nicht einfach beim Einkaufen. Und was jetzt? Der Fahrer kam mit unseren Pässen zurück und hat uns gesagt, dass die Soldaten folgendes gesagt haben: „Entweder zeigt ihr uns eure Visa oder ihr geht weg von hier.“ Na toll. Sie haben sich hier aufgeführt, als ob wir in die CIA Hauptzentrale reingehen möchten. Aber wir wollten nur shoppen! Wahnsinn. Okay, dann schauen wir mal, vielleicht habe ich wenigstens die Emailbestätigungen von der Pakistani Botschaft. (Wir haben die Visa online beantragt und auch so erhalten. Wir haben die im System hinterlegten pdf-Dateien nur ausgedruckt, es wurde nichts in unseren Pässe reingeklebt.) Ich habe die Bestätigungsemails gefunden. Sie haben zwar nicht die pdf-Dateien enthalten, aber die Visumzusage und alle Eckdaten. Ich habe unserem Fahrer mein Handy mit der geöffneten Email gegeben und er ging wieder zurück zu den Soldaten. Er war danach ca. 15 Minuten mit unseren Pässen und mein Telefon weg. Irgendwann kam er zurück und wird durften gnädiger Weise weiterfahren und in der Mall unser Geld ausgeben. Er hat erzählt, dass alles ganz genau geprüft wurde, seine und sein Autos Papiere wurden auch fotografiert und unsere Identität musste noch telefonisch durch Islamabad bestätigt worden. Wohlgemerkt, die hunderten von Pakistanis, die in der Zwischenzeit an uns vorbeigefahren sind, hatten keine Ausweiskontrolle. Unglaublich. Sehen wir aus wie Terroristen? Mit unseren deutschen Pässen? Wirklich?

Also endlich waren wir drin im streng bewachten Shopping-Paradies. Es gab hier hunderte von Geschäften und einen kompletten Vergnügungspark für Kinder. Wir wollten nur zur Carrefour. Wir haben dort am Ende nur eine elektrische Zahnbürste mit Batterien gefunden. Nicht das, was wir wollten, aber besser als gar nichts. Aber überraschender Weise konnten wir ein neues elektrischen Kochfeld kaufen (das wir schon im Oman gesucht haben, weil das Glaskochfeld des alten zersprungen ist). Wir haben auch gehofft, Käse, Frischkäse und Sahne kaufen zu können, aber wir wurden in der Kühltheke nicht fündig. Wir standen schon bei der Kasse, als ich ganz vorne H-Milch gesehen habe. Und dort war tatsächlich auch Sahne. Nachher haben wir von Hussain erfahren, dass das in Pakistan die einzige Form ist, die man kaufen kann.

Die Rückfahrt war langsam und mühsam. Es war schon spät, als wir endlich wieder bei Hussains Haus und Fritzchen waren. Hier haben wir noch ein paar Erinnerungsfotos mit unserem Fahrer gemacht, bevor wir uns verabschiedet haben.

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